Der Ölkäfer - eine Krimi-Fliege aus der TWA

Heute hat Peter im Komposthaufen am Trampolin zwei schwarz-blaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus), besser bekannt unter dem Namen „Spanische Fliege“ entdeckt (s. Foto). Die Käfer sind extrem giftig (vergleichbar mit Strychnin), und wurden in der Geschichte schon oft für Mordfälle genutzt. Schon die Aussonderungen eines einzigen Ölkäfers können ausreichen, um einen Menschen zu töten. Eltern sollten daher ihre Kinder warnen, nicht mit diesen Käfern, die auch fliegen können, zu spielen.
Der schwarz-blaue Ölkäfer ist seit 4.000 Jahren Bestandteil unserer Kultur. Das Reizgift (Cantharidin) im Körper der Käfer wurde gegen eine Fülle von Krankheiten verwendet. Bereits 1.550 vor Christus wurde in einem altägyptischen Papyrus das wahrscheinlich älteste Ölkäferpflaster beschrieben, welches wehenerzeugend wirken sollte (Senkenberg, Pressemeldung, 2020).
Bei Gefahr lassen Ölkäfer das Gift (Cantharidin) aus Poren an ihren Beingelenken austreten (s. Foto unten). Die gelbliche Flüssigkeit erinnert dabei stark an Öl-Tröpfchen. Die letale Dosis für einen erwachsenen Menschen beträgt lt. Wikipedia 0,05 mg pro kg Körpergewicht. Daher enthält schon ein einziger Käfer die für einen Menschen tödliche Dosis. Cantharidin wird daher z.B. in den USA als extrem gefährliche Substanz eingestuft. Auch Berührungen sollten unbedingt vermieden werden. Cantharidin war außerdem als "Liebespulver" bekannt, führte aber oft, wegen schwieriger Dosierung, zu qualvollem Tod durch Nierenversagen.
Berichte deuten darauf hin, dass das Gift des Ölkäfers schon im alten Rom und im mittelalterlichen Europa für politische Morde verwendet wurde. So soll der römische Kaiser Tiberius Giftmorde mit Cantharidin befohlen haben. Auch Kaiser Claudius (10 v. Chr. – 54 n. Chr.) wurde vermutlich durch seine vierte Frau Agrippina die Jüngere mit dem Gift ermordet, um ihren Sohn Nero auf den Thron zu bringen. Im 17. und 18. Jahrhundert nutzten es Attentäter wegen seiner schwer nachweisbaren Symptome (ähnlich natürlichen Erkrankungen). So soll Henriette d’Angeville (Frankreich, 17. Jh.), eine französische Adelige, ihrem Ehemann Cantharidin in Wein gemischt haben, um sein Vermögen zu erben. Sir Thomas Overbury (England, 1613), ein englische Dichter und Höfling soll von der Gräfin von Somerset, die ihn im Tower of London vergiften ließ umgebracht worden sein.
Cantharidin war ein beliebtes Mordgift, weil es tödlich, schwer nachweisbar und leicht zu beschaffen war. Die forensische Toxikologie steckte bis ins 19. Jh. in den Kinderschuhen. Cantharidin verursacht zudem Symptome, die mit natürlichen Krankheiten verwechselt werden konnten (Erbrechen, Nierenversagen).
Cantharidin war außerdem als "Liebespulver" oder Aphrodisiakum bekannt. Im alten Rom nutzte es z.B. Kaiserin Livia, die Frau von Augustus Caesar, um Mitglieder der kaiserlichen Familie oder Dinnergäste zu sexuellen Fehltritten zu verleiten und sie später damit erpressen zu können. Im 17. Jahrhundert war Canthariden in der französischen Oberschicht weit verbreitet, obwohl es verboten war; auch Marquis de Sade nutzte es für Sexorgien, wobei er zwei seiner Partnerinnen durch eine Überdosis beinahe tötete und deswegen zum Tode verurteilt wurde, ein Urteil das später aufgehoben wurde.
Ökkäfer, der gerade Cantharidin absondert (© Ludivine Lamare — fr.wikipédia)
Der Ölkafer wurde im Mittelalter aus Spanien nach Mitteleuropa exportiert (daher der Name „Spanische Fliege“). Seine Nutzung als Aphrodisaikum führte aber oft zu qualvollem Tod durch Nierenversagen. Noch heute wenden es angeblich ‚witch-doctors‘ in Nigeria und anderen afrikanischen Staaten für schwarze Magie und als Aphrodisiakum an.
In der Literatur und medizinischen Fallberichten gibt es dokumentierte Vergiftungen, auch bei Kindern, die den Käfer in die Hand nahmen oder in den Mund steckten. Obwohl heute seltener, gab es in den letzten Jahrzehnten vereinzelte Vergiftungsfälle, insbesondere in ländlichen Regionen, wo Kinder mit dem Käfer in Kontakt kamen. So beschreibt eine Studie aus Spanien schwere Vergiftungen bei Kindern. Kinder sollten den Käfer daher nicht anfassen. Bei Verdacht auf Kontakt sofort Giftnotruf oder Notarzt kontaktieren.
Der Ölkäfer steht heute unter Naturschutz (z. B. in Deutschland als "Insekt des Jahres 2020").
(Quellennachweis: Text: Ölkäfer: de.wikipedia; en.wikipedia; fr.wikipédia; Senkenberg (2019): Liebestränke, Giftmorde und Wehenpflaster: Schwarzblauer Ölkäfer wird Insekt des Jahres 2020. Pressemeldung, 27. November 2019; deepSeek; - Bilder: Titelbild und 2. Bild, © d.k.)